Klinikum Magdeburg räumt mit Tabuthema auf

Hilfe bei Blasenschwäche: Einzige Klinik, die mit spezieller OP-Methode künstlichen Schließmuskel implantiert. Warum man auf ärztliche Beratung setzen sollte

Chefarzt Gynäkologie Prof. Dr. Holm Eggemann

In der Werbung wird hoch und runter darüber gesprochen. Doch für viele Betroffene ist Inkontinenz nach wie vor ein Tabuthema. Nicht für die Chefärzte Prof. Dr. Holm Eggemann, Gynäkologie, und Dr. Rainer Hein, Urologie, vom Klinikum Magdeburg. Sie meinen unisono: Die Medizin kann helfen.

20 Prozent aller Menschen leiden unter Harninkontinenz. Allein in Deutschland nahezu 20 Millionen. Doch auf ärztliche Hilfe setzen die wenigsten. Ist bei den einen die Leidensfähigkeit noch nicht ausgeschöpft, ist bei den anderen die Scham zu hoch.

Das Klinikum Magdeburg ist nicht nur offizielle Beratungsstelle bei Blasenschwächen aller Art, sondern derzeit auch auf dem Weg zum zertifizierten Beckenbodenzentrum. Problematische Fälle besprechen behandelnde Gynäkologen und Urologen in einer wöchentlichen Konferenz, in die künftig auch Chirurgen, die Experten bei Stuhlinkontinenz, mit einbezogen werden sollen.

Grundsätzlich unterscheiden die Mediziner zwischen Belastungs- und Drang­inkontinenz. Es gibt jeweils unterschiedliche OP-Optionen, über die in jedem Fall individuell entschieden wird. „Zu den häufigsten Eingriffen gehören die sogenannten Bändchen-OP (Harnröhre und Blase werden mit Hilfe eines Kunststoffbandes wieder in die richtige Lage gebracht) oder Botox, das bei einer Blasenspiegelung injiziert wird“, erklärt Prof. Eggemann.

Bei besonders schwierigen Fällen kann ein künstlicher Schließmuskel eingepflanzt werden: „Dabei handelt es sich um eine Art Pumpe, die bei Frauen in den Schamlippen, bei Männern im Hodensack platziert wird. Vor dem Wasserlassen muss die Pumpe kurz gedrückt werden.“

Das Nachfolgermodel sieht bereits eine Bedienung über eine App vor. Mit einer Zulassung ist in drei bis vier Jahren zu rechnen.

Elektrostimulation aktiviert Blasenschrittmacher

Chefarzt Urologie Dr. Rainer Hein

Ein bekannteres Verfahren ist die Elektrostimulation mit Hilfe eines Blasenschrittmachers. Im Bereich des Kreuzbeines eingebracht, reizt er dort Nerven, die zur Blase ziehen sowie deren Muskulatur durch schwache, elektrische Impulse. „Da derartige Schrittmacher sehr teuer sind (rund 17.000 Euro), testen wir zunächst, wie der Patient darauf reagiert“, so Rainer Hein. Dazu werde ein Impulsgeber äußerlich angebracht. Die Nerven werden durch die Haut gereizt: „Ist das erfolgreich, wird der Schrittmacher implantiert.“

Eine sehr effektive, leider noch wenig bekannte Methode. Hein: „Wir könnten sehr viel mehr inkontinenten Patienten sehr gut helfen. Das gilt generell. In meinen 16 Jahren hier als Chefarzt waren unter den hunderten Patienten nicht mal eine Handvoll, bei denen keine Therapie anschlug.“

Kontakt: Tel. 0391 791 39 01, Mail: Urologie@Klinikum-Magdeburg.de